Surfaris

Da wir in Australien auf jeden Fall surfen wollten hatten wir uns schon frühzeitig in einem der vielen Informationszentren für Backpacker mit Broschüren über Surftrips eingedeckt. Neben einigen Angeboten, welche ein bis dreitages Surftrips sind und größtenteils nur in Sydney bleiben gibt es einige Surftrips die die Strecke von Sydney nach Byron Bay abdecken. Diese Trips dauern zwischen vier und sechs Tagen und kosten fast alle um die 500 Dollar. Die Veranstalter werben alle damit für sich die besten Location gefunden zu haben, dass das Essen sowie das Surfequipment inklusive ist und meistens noch eine Partynight mit Freibier den Abschluss bildet. Von einer Deutschen, welche in Sydney studiert und die wir in einem Internetcaffee kennengelernt haben, bekamen wir den Tipp doch den Veranstalter „Surfaris“ zu wählen. Ihr Freund, welcher selbst eingefleischter Surfer sei, sagte dass dieser Tripp der authentischste sein soll. In der Tat wirbt genau Surfaris in seinen Broschüren damit, dass bei diesem Tripp im Vergleich zu anderen die Zeit in der man surfen kann am größten ist, dass man durch Campen unabhängig von Wellenengpässen und Unterkünften wäre und einem einfach noch das pure Surferleben, soweit das kommerziell möglich ist, nahegebracht wird. Für uns hörte sich das am Besten an, vor allem weil dieser Tripp wirklich an der Küste zwischen Sydney und Byron Bay nach Norden ging und immer an verschiedenen Stellen stoppt, ohne z.b. Wie bei einem Ripcurl Surftrip zu erst vier Tage in einem Surfcamp nahe Sydney zu verbringen und dann über Nacht nach Byron Bay transportiert zu werden. Der Surftrip war zwar etwa 50 Dollar teuerer als andere, dass sollte uns die Qualität jedoch wert sein. Kurz vor knapp haben wir den Kurs noch im Internet gebucht, ein paar freundliche Mails mit dem Verwaltungmenschen von Surfaris und die Vorzahlung per Visakarte später und schon war alles perfekt – ganz einfach! Treffpunkt war morgends um 7:45 die Busstation in der Eddy Avenue genau an der Central Station in Sydney. Pünktlich kam der gelbe Surfarisbus angerollt, hupend und mit viel Elan. Dann geht die Tür auf und ein großer, kräftiger – naja fast schon molliger, braungebrannter Surfer mit blonden Haaren steigt heraus und begrüßt alle mit seinem breiten Aussieslang. Sein Spitzname war Blanko, einige nannten ihn einfach nur „Big Man“ und er war ab jetzt Chef der Tour. Das Gepäck wurde eingeladen – viele brachten ihre eigenen Surfbretter mit. Die Stimmung war gut, viele freundliche Menschen, die meißten zwischen 20 und 30 Jahren, jedoch auch erfahrenere ältere Möchtegernsurfer, also ein bunter Mix. Zu erst galt es noch einen Wisch zu unterschreiben womit man sich selbst für jegliche Unfälle die Schuld und Verantwortung zuweißt – hier wird mit richtigen „harten“ Surfbrettern gesurft – keine Softboards.

Dann mussten wir noch eine Weile auf Blankos Surfkumpanen und Surflehrer „Scottie“ warten bis dieser ankam und es endlich losgehen konnte. Pünktlich mit Verspätung, denn Surfer nehmen es anscheinend nie wirklich genau mit der Zeit, starteten wir und verliesen Sydney. Im Bus wurde Musik aufgelegt welche aus einem total zerfetzten Lautsprecher verzerrt auf uns einhämmerte, Surfermagazine ausgeteilt und Blanko machte so viel gute Laune mit Späßen wie möglich. Es stand eine längere Fahrt an um möglichst zu einenem Zeltplatz zu gelangen der nicht mehr allzuweit von Byron Bay entfernt lag und somit die restliche Fahrt des Trips verkürzte.

Es galt Abschied von Sydney zu nehmen und endlich ein neues Ziel vor Augen zu haben. Mehrmals auf der Fahrt wurde gestoppt um uns an Shopping Malls rauszulassen um die notwendigsten Sachen einzukaufen. Wir würden weit entfernt von der nächsten Stadt campen und somit alles voraus kaufen müssen. Sonnencreme war Pflicht sowie für einige Vaseline um Aufschürfungen und Reibungen durch die Surfbretter zu verhindern. In Australien gibt es diese wunderbaren 1 Liter Sonnencreme Plastikbehälter mit 30+ Sonnenschutz – das war unsere Wahl. Noch ein paar Bier für die nächtlichen Lagerfeuer und Schokolade sollten das Essen welches wir ja inklusive hatten abrunden. Die Fahrt war von Beginn an mit Regen begleitet. Teilweise schüttete es so stark, dass das Wasser durch die Fensterdichtungen des nicht mehr allerneusten Surfbuses gelangte und einige Leute ganz schön mit Wasser eindeckten. Die Belüftung im Bus war auch nicht gerade die beste und so musste eine Rolle Klopapier umfunktioniert werden um die angelaufene Frontscheibe des Buses wieder sichtfrei zu wischen! Auf etwa der Hälfte der Strecke setzte sich Blanko in der Front des Buses hin und begann während der Fahrt das Essen zuzubereiten. Salat wurde geputzt und zerkleinert, Zutaten zugeschnitten und ausgepackt und dann zauberte er, während auf dem Fernseher irgendwelche komischen Surfvideos liefen, ein paar Snacks die als Mittagessen galten. Ein paar Wraps gefüllt mit Käse, Schinken, Tomaten, Oliven, Rosinen, Salat und Zwiebeln waren. Die Leckereien wurden dann auf Frisbeescheiben nach hinten durch den Bus gegeben wo sich jeder seinen Anteil abholen konnte. Kurz vor unserem Zeltplatz machte Scottie eine kleine Pause bei einem Aussichtspunkt auf eine Meeresbucht. Ein paar Sätze zu den Wellen, der Strömung und den Wintverhältnissen und schon musste jeder erst einmal schlucken und sich innerlich darauf vorbereiten ein paar Minuten später mit Surfboard in diese Wellen springen zu müssen. Wir waren nun mehr als 600 KM von Sydney entfernt und auf dem ganzen Weg hatte sich die Flora und Fauna nicht einmal verändert. Es ist unglaublich wie groß Australien ist. Wären wir in Europa die gleiche Strecke gefahren, so hätten wir vermutlich verschiedene Kulturen, Länder und Sprachen, ettliche Landschaftsveränderungen und Klimaunterschiede erlebt. Hier Fehlanzeige: Regen und Eukalyptusbäume.

Unsere Hoffnungen auf besseres Wetter wurden leider enttäuscht. Es reichte gerade mal dazu die Zelte nicht in totalem Dauerregen aufstellen zu müssen. Vor Ort waren inzwischen schon andere Crewmitglieder von Surfaris die schon ein größeres Essenszelt, Lagerfeuerstelle und sonstiges errichtet hatten. Unsere Zelte Safarizelte mussten wir nun selbst aufstellen, was aber sehr einfach war. Dannach durfte man sich gleich einen Wetsuit aussuchen und ein Surfboard und ab ging es an den etwa 50 Meter entfernten Strand. Der Strand bestimmt länger als ein Kilometer und total menschenleer. Rings herum war nichts außer Strand, der Bananenförmigen Bucht, der angrenzenden Bewaldung und ein bischen Riff zur rechten Seite zu erkennen. Ein sehr schöner Anblick der leider nur vom schlechten Regenwetter getrübt wurde. Am Strand angekommen fing Scottie an mit Aufwärmübungen die zum Großteil aus Yogaübungen bestanden. Diese Übungen wurden sehr ausführlich gemacht und dauerten ca. eine halbe Stunde. Dannach gab es natürlich zuerst eine Einführung in die Surftechniken. Wir mussten im Trockenen ein paar duzend Male auf unser Board springen, immer angefeuert von den Surflehrern. „Paddeln!!“ „Und jetzt kommt die Welle noch fünf Schläge und dann die Chicken Wings“ .. „Jawohl! Chicken Wings und Jump!!“.. Tzack.. Und schon stand man auf dem Board. Im trockenen war das ja schon recht einfach. Im Wasser sollten die meißten von uns dann noch ein paar Probleme bei der Umsetzung haben. Noch ein paar Tipps wie wir durch die Welle zu surfen haben, wie wir das Board halten sollten und wie eine Eskimorolle geht und schon wurden die Sicherheitsleinen angelegt und ab gings ins sehr angenehm lauwarme Wasser.

Nun konnten wir das Erste Mal die Kraft des Meeres spüren. Die meißten wurden teilweise hilflos herum geschleudert. Zum Glück hat sich nicht ein einziger verletzt, was fast schon ein Wunder ist. Viele von uns schafften es schon bald ein bischen eine Welle zu fangen und auch mehr schlecht als recht aber immerhin, ein bischen Aufzustehen. Die Erfolge machten Lust auf mehr. Da wir jedoch erst recht spät Nachmittags an unserem Zeltplatz angekommen waren, war leider nicht viel mehr als zwei Stunden Surfzeit drinn. Anschließend ging es unter die kalte Dusche und man musste sich notdurftig im dunklen Zelt umziehen.

Inzwischen hatten die Helfer von Surfaris schon das Essen für uns zubereitet. Wir saßen alle in einem großen Kreis von etwa 30 bis 40 Personen um das Feuer. Das Essen bestand meistens aus einem riesigen Salat und etwas Mexikanischer und Thailändischer Küche. Alle hatten aufgrund der körperlichen Tätigkeit einen riesigen Hunger und dementsprechend wurde auch zugeschlagen! Am Lagerfeuer wurde dann bis spät in die Nacht, leider des öfteren unterbrochen von Schauern, Bier getrunken und Kontakte geknüpft, bzw. Surf- und Reiseerfahrungen ausgetauscht. Die Surflehrer gaben noch ein paar Informationen über den Verlauf der nächsten Tage preis und versuchten die Stimmung munter zu halten.

Unser nächtliches Desaster war das Regenwetter welches und allen zu schaffen machte. In unserem Zelt drang schon nach ein paar Regenminuten das erste Wasser ein. Die Löcher versuchten wir vergeblich zu stopfen – da half es nur die Matratze anders zu platzieren um dem direkten Regen auszuweichen. Das hinderte den Regen jedoch nicht während der Nacht das ganze Zelt mit Wasser volllaufen zu lassen. Spätestens als sich unsere Schlafsäcke mit Wasser vollsogen war das Dilemma komplett. Am nächsten Morgen als wir aufwachten und aus dem Zelt kamen trugen viele schon ihre Rucksäcke die Straße entlang. Wir wussten nicht so recht was geschehen war. Wir fragten nach und fanden heraus, dass allen genaus ging wie uns: Wasser im Zelt und zwar nicht zu knapp. Die kurzfristige Lösung war, dass alle mit samt Gepäck in die nahegelegenen Cabins, kleine Wohnhäuser, umziehen sollten – auf kosten der Surfaris. Das war sicherlich ein netter Zug uns die Cabinen zu bezahlen, damit wir nicht im Nassen bleiben mussten aber auch auf jeden Fall notwendig. Angesichts 24 Stunden Dauerregens war es nicht anzunehmen, dass sich die Wetterlage schnell ändern würde, außerdem würden die nassen Sachen nicht mehr trocknen. Und so kamen wir in den Genuss endlich ein festes Dach über dem Kopf zu haben. Die Cabins stanken zwar widerlich und es hausten ettliche Motten und sonstiges Ungeziefer darin, dass war aber immernoch besser als bei diesem Wetter im Zelt schlafen zu müssen.

Bisher hatte unser Surftrip leider noch nicht allzuviel mit Surfen zu tun. Das schlechte Wetter nagte an den Nerven aller – ein zwei Personen hatten es schon jetzt aufgegben und weigerten sich bei diesem Wetter wieder surfen zu gehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Toasts und Müsli ging es für die meisten jedoch wieder in Richtung Wasser. Nach den üblichen Aufwärmübungen ging es daran heute mal richtig auf das Meer hinaus zu Paddeln um einen sogenannten „Point Surf“ zu erwischen und eine Welle länger reiten zu können. Nach ein paar weiteren Informationen wie wir am besten surfen ging es also dem Surflehrer nach hinaus aufs Meer. Das Paddeln war sehr sehr anstrengend und es galt schon einige riesige Wellen mit Eskimorolle oder Hineinschwimmen zu durchbrechen. Der Weg hinaus zum Point Surf war anstrengend und weit. Einige mussten schon aufgeben wenn größere Wellen brachen und sie wieder in Richtung der Bucht trieben. Etwas weiter auf dem Meer, versammelte sich die Surfgruppe an einem etwas wellenstilleren Punkt um dort aufrecht auf dem Board sitzend auf die beste Welle zu warten. In kleineren Vierergruppen wurden wir nacheinander von dem Surfleherer in Richtung des Pointbrakes geschickt wo wir hoffentlich eine Welle fangen und reiten sollten. Es klappte natürlich nicht immer gleich beim ersten Versuch – es war schwer den richtigen Zeitpunkt, die richtige Welle und die richtige Geschwindigkeit zu vereinen, wenn man dann jedoch in einer Welle war ging fast alles von alleine. Das Surfbrett stand wirklich wie ein Brett im Wasser und machte seinen Weg in Richtung Bucht. Fast niemand schaffte es wirklich durch einen geschickten Sprung auf einmal auf dem Brett zu stehen. Jedoch war es nicht allzuschwer wenn das Board richtig von der Welle getragen wurde, erst auf die Knie und dann richtig aufzustehen und man dann einmal das schöne Gefühl haben konnte längere Zeit auf einer Welle zu stehen und etwas kontrollierter drauf zu surfen. Ein klasse Gefühl! Ein paar Sekunden auf dem Board kommen dir vor wie eine Minute. Der Nachteil ist, dass wenn die Welle irgendwann stirbt und das surfen nicht mehr möglich ist, man den ganzen weiten Weg hinaus zum Point Break wieder paddeln darf. Das macht nur derjenige mit der auch vorher Erfolge feiern konnte und somit genug Motivation hat erneut die Kraft aufzubringen. Viele die das Erfolgsgefühl leider nicht gleich haben konnten, schwimmen da lieber nach ein zwei Versuchen wieder zur Bucht und schauen dem Surfen vom Strand aus zu. Und so versuchte jeder seinen Kräften nach so viel zu surfen wie es nur ging.

Nach dem Mittagessen waren die meißten so fertig, dass sie erstmal für ein Mittagsschläfchen in die Cabins verschwanden. Überall ging es nun sehr ruhig zu. Wir hätten übrigends jeder Zeit surfen gehen können, das Meer war ja nur ein paar Meter entfernt, die Surfboards und Wetsuits lagen bereit und einen Anspruch auf einen Surflehrer bzw. Rettungskräfte im Wasser hatte man sowieso nicht – man hatte ja unterschrieben, dass man selbst für alle Verletzungen verantwortlich sei. Die meißten Surfkursteilnehmer kamen jedoch erst gegen Abend wieder aus den Cabins um sich erneut in die Wellen zu wagen. Gegen Abend waren die Wellen zwar meistens etwas größer, zumindest in Strandnähe, jedoch auch viel schlechter zu surfen, da die Wellen in den Strand brachen und man sich dabei leicht verletzen konnte. Man musste also eher weiter heraus paddeln um eine gute Welle zu erwischen, statt die einfachere Variante zu wählen und die Strandnäheren Wellen zu surfen. Tat man das so konnte man oft Surfbretter sehen, die wild durch die Luft gewirbelt wurden. In einer solchen Welle wurde die Front eines Boards stark nach unten gedrückt und man überschlug sich sehr leicht. Die beste Zeit für richtig gute und lange Wellen war deshlab früh morgends weshalb man auch immer bei Zeit aufstehen musste.

Da das Wetter anhaltend schlecht war und es fast 24 Stunden Dauerregnete, beschloss die Crew statt wie normalerweise nach 2 Tagen aufzubrechen und zum nächsten Strand in Richtung Byron Bay zu ziehen, dass wir alle noch in den Cabins ausshalten und besser unsere Sachen trocknen sollten. Eigentlich war uns das ganz recht. Wir hatten ein richtiges Dach über dem Kopf und es war nicht weit zum Meer. Die Wettermeldungen für den Norden waren fast noch schlechter als für unsere Region, der gesammte Küstenstreifen zwischen Sydney und Brisbane befand sich in einem einzig großen Regengürtel.

Das Surfen dauerte an und es wurde immer besser. Inzwischen machte es viel weniger aus weit heraus zu Paddeln. Man wusste nun schon viel besser wie man eine Welle angehen sollte, und das Timing wurde besser. Und so wurden immer mehr „Standups“ gesehen, zur Freude eines der Surflehrer, welcher versuchte einen Video von dem Surftrip zu drehen und der genau solches Material verlangte.

Eines meiner schönesten Erfahrungen während der Zeit war als ich gerade auf dem Board sitzend auf eine Welle wartete und übers Meer schaute. Gar nicht weit von mir entfernt sah ich dann eine Finne auftauchen. Im ersten Moment bin ich etwas erschrocken und habe mich so klein wie möglich auf dem Surfboard gemacht. Es könnte ja eine Haiflosse sein. Um so erleichterter war ich als noch 2 weitere Flossen sichtbar waren und die Delphine etwas weiter aus dem Wasser auftauchten und somit klar von Haien unterscheidbar waren. Die Delphine kamen bis auf ein paar Meter nahe und es war ein tolles Erlebnis so nah in freier Wildbahn mit diesen Tieren im Wasser zu sein. Außerhalb des Wassers gab es auch nette Begegnungen mit frei lebenden Tieren. Jeden Tag hatten wir mehrere Kängarus auf dem Gelände und ein paar Dingos die sich scheu in sicherer Entfernung vorbei schlichen.

Auch wenn das Wetter noch so schlecht war, selbst bei Dauerregen und total bewölktem Himmel merkte man im Wasser nach einer Weile die Sonne spürbar. Es war Pflicht sich einzucremen, die meißten hatten zentimeterdick die Sonnencreme im Gesicht. Nach ein paar Tagen hatten viele auch mit Muskelkater, aufgeschrubbten Knien vom Surfboard, Rückenproblemen und sonstigen Prellungen und Blessueren zu kämpfen. Egal das Surfen war die Anstrengung wert.

Die Gruppe von Surfern war schnell ein einziger großer Freundeskreis, jeder verstand sich prächtig. Ettliche interessante Bekanntschaften wurden gemacht bis auf das Wetter war alles „Friede, Freude, Eierkuchen“. An einige Eigenarten wie zum Beispiel das spartanische Abspülen der Teller mussten sich die ein oder anderen noch gewöhnen. Zum Spülen standen einfach nur drei Plastikbehälter mit etwas Wasser und Spülmittel bereit in diese man nach einander den zum Beispiel zu spülenden Teller steckte und versuchte das Ding sauber zu kriegen, was angesichts dessen, dass schon viele vor einem den Teller darin gespült haben nicht immer ganz einfach war. Auch das Mittagessen wurde mit der Zeit immer eintöniger. Toasts, Schinken, Tunfisch, Mayo und ein paar Zutaten wie Salat, Tomaten, Zwiebeln und Paprika standen jeden Tag erneut bereit um sich selbst einen Toast zu machen. Aber schließlich ist man ja hauptsächlich zum Surfen gekommen.

Am nächsten Tag war dann doch endlich der Tag der Abreise. Morgends hatte man noch ein letztes mal die Gelegenheit an diesem Strand, in diesem Teil des Meeres, eine tolle Welle am Point Break zu fangen und zu reiten. Dannach wurden die Zelte zusammen abgebaut – sauber und trocken gemacht, alle Surfbretter aufgeladen und natürlich wieder das Gepäck im Bus verstaut. Mit neuen Surf DVDs im Bus und erneut Regen der durch die Scheibendichtungen dringt geht’s nördlich in Richtung Coffs Harbour. Heute ist kein Surfen mehr angesagt. Die Busstrecke ist zu weit, man verspricht uns nur eine neue Unterkunft in einer Bar und kündigt eine kleine Partynacht an um den Regen zu vergessen. Manch einer mokiert sich darüber, dass er lieber surfen wurde aber den meißten ist es recht mal wieder eine richtige Unterkunft zu beziehen. Der komplette Weg ist schon wieder im Dauerregen. Es scheint keine Hoffnung mehr auf Sonnenschein zu geben, der Wetterbericht wird bestätigt – auch im Norden sieht es leider nicht besser aus.

Die Zeit vergeht und wir bekommen alle ziemlich Hunger. Die Lunchzeit ist schon deutlich überschritten und wir haben immernoch keinen Stop gemacht. Der Bus fährt ständig weiter durch eine immer gleichaussehende Landschaft. Eigentlich sollte noch ein kleiner Shop angefahren werden bei dem jeder einem anderen Kursteilnehmer ein Kostüm nach Wahl für ein paar Dollar kaufen soll um eine „Fency Party“ zu starten. Doch heute haben sich alle Planungen verändert. Wie so oft sind wir ständig der Zeit hintendrann. Falls der Surfcoach sagt, dass wir in einer Stunde ankommen würden, kann man mindestens von zwei Stunden ausgehen. Plötzlich halten wir mitten im Nirgendwo. Wir sollen aussteigen, der Blanco will eine Businspektion machen. Wir sollen an einen kleinen Grillplatz gehen. Der Jeep mit den anderen Surfcoaches sollte bald kommen. Die Verwirrung ist groß und alle steigen aus, der Bus lässt uns alleine und fährt die Straße weiter. Einige vergessen sich ein paar warme Kleider mitzunehmen und bereuen das als es wieder wie aus Kübeln schüttet und der Wind den Regen bis unter die Überdachung treibt. Nach einer halben Stunde kommt tatsächlich der Jeep angefahren. Jetzt schockt uns gar nichts mehr. Ein Surfcoach springt heraus und schreit uns „Hey hey Guys, how is it going?“ entgegen und versucht die Stimmung hoch zu treiben was nun auch bitter nötig ist. Ein paar Kisten werden ausgeladen und wir können uns wie jedes mal wieder Toasts mit den genannten Zutaten selbst zubereiten. Nach diesem Zwischenstopp und dem Lunch kommt irgendwann der Bus wieder gefahren und wir fahren weiter. Niemand bereut, dass wir offensichtlich nicht mehr irgendwelche Kostüme einkaufen werden.

Wir kommen spät am Abend in irgend einem kleinen Kaff in der Nähe von Coffs Harbour an. Als wir aussteigen trauen wir unseren Augen nicht. Es sieht aus als seien wir in einer Geisterstadt gelandet. Es ist schon relativ dunkel, niemand ist auf den Straßen, kein Auto, keine Menschen, nichtmal Tiere! Aus nur ein oder zwei Häusern dringt Licht aus den Fenstern. Ansonsten scheint alles tot zu sein. Hier kommt man sich vor wie in einer kleinen Wüstenstadt. Die Häuser sehen auch so ähnlich aus wie man sie aus den Wildwestfilmen kennt. Unsere „Bar“ sieht aus wie ein Saloon. Im Obergeschoss befinden sich ettliche kleine, verwinkelte und schöne Zimmer. Wir sind überrascht vom Luxus der uns geboten wird. Die Zimmer haben schon fast Hotelniveau. Wir sollen unsere Schlafsäcke über die Betten legen und die Decken nicht benutzen und aus unseren Rucksäcken nur das nötigste mit nehmen. Morgen soll es früh weiter gehen zu einem neuen „Surfspott“ und dannach ab nach Byron Bay. Wir beziehen freudig die Zimmer, schauen uns im Haus um und stürmen schließlich alle nach unten an die Bar wo die Crew für uns schon Pizzen aufgetischt hat. Das Bier fließt in Strömen. Es wird gegessen, getanzt, getrunken, Billiard gespielt und viel erzählt. Diese Nacht hat nicht viel mit Surfen zu tun – heute fröhnt jeder seinem wohlverdienten Spaß und gönnt sich ein paar Bier. Am nächsten Morgen werden wir lautstark und früh geweckt. Schnell gepackt und ab runter zum Frühstück welches auch hier genauso wie am Campingplatz aufgebaut wurde. Dann fährt ein kleiner Jeep mit den besten und eifrigsten Surfern voraus und sucht schonmal eine gute Stelle zum Surfen während der lahme Bus noch bepackt und fertig getankt wird. Wir stöbern noch kurz in dieser „Geisterstadt“ herum und stellen fest, dass diese Stadt auch bei Tag kein lebendigeres Bild abgibt. Immerhin ein kleiner Shop hat geöffnet und somit können wir uns immerhin etwas Wasser für die Fahrt kaufen. Dann geht’s los. Über Handy vom vorausgefahrenen Jeep bekommen wir mitgeteilt, dass unser eigentliches Ziel heute leider nicht angefahren wird. Die Wellen seien zu stark, die See ist ganz schön am wüten. Macht nichts, die Jungs kennen schließlich ettliche Plätze und somit dürfen wir noch etwas länger im Bus hocken.

Schließlich kommen wir an einem Meeresabschnitt an und laden die Sachen aus. Das Meer ist ganz schön am toben, die Wellen sind stark, die Strömung trägt dich kinderleicht auf die offene See wenn man zu weit heraus paddelt. Links und rechts sind kleine Riffe zu denen man lieber nicht surft. Viele bleiben lieber angezogen und schauen den Surfenden zu. Diejenige die Surfen haben ganz schön Probleme aufstehen zu können. Das Meer ist hier einfach eine Spur zu wild. Immerhin es scheint Spaß zu machen und die die nochmal ins Meer gegangen sind kommen nochmal auf ihre Kosten und können für diesen Trip ein letztes Mal surfen. Gegen Nachmittag werden dann wieder die Boards eingepackt und es gilt die letzten zwei Stunden Fahrt nach Byron Bay zu bezwingen.

Byron Bay

In Byron Bay angekommen regnet es natürlich gerade wieder. Scottie erklärt uns im Bus während der Durchfahrt wo wir ausgehen können, wo die Post ist und andere erste Informationen über Byron Bay. Dann springt er aus dem Bus und rennt in die nächste Bankfilliale um dort was von unseren 550 Dollar pro Person abzüglich der Unkosten noch übrig geblieben ist auf das Surfaris Konto einzuzahlen. Wir fahren durch Byron Bay hindurch und kommen etwas außerhalb an die Artsfactory bzw. Die Buddhabar. Dort stoppt der Bus. Blanco spricht nochmal einige versöhnliche Worte, resumiert über den Trip. Er weißt nochmal drauf hin, dass es am nächsten Tag eine gemeinsame Partynacht mit etwas Freibier ein kostenloses Essen und eine Filmvorführung von dem gedrehten Surfmovie gibt. Dann verlassen wir alle den Bus und schnappen unser Gepäck und rennen so schnell wie möglich an die Rezeption der Arts Factory. Leider vergessen wir alle unser Bier, welches wir uns für den Trip gekauft haben im Bus und bis wir dies gemerkt haben ist der Bus schon lange, zum Ärgernis aller, verschwunden.

Wir checken ein. Die Artsfactory ist in etwa ein großer „Club“ für Backpacker. Wir zahlen 27 Dollar pro Nacht pro Person und beziehen ein 8-Personen Zimmer. Die Artsfactory wird ihrem Namen gerecht. Alles ist bunt und künsterlisch hergerichtet. Es gibt einen Pool, Laundry, eine Küche, eine Beachvolleyballanlage und noch vieles mehr. Das wäre sicher ein schöner Ort wenn es nicht durchgehend Regnen würde. Dadurch ist dieser Platz nun jedoch etwas teuer um auf schlechten Betten mit 7 anderen Leuten im Zimmer 27 Dollar pro Nacht zu zahlen. Die Stimmung ist auf dem niedrigsten Niveau. Man kann einfach gar nichts machen bei diesem Regen. Wir gehen trotzdem nach Byron um uns etwas umzuschauen, eine Möglichkeit für die Weiterfahrt nach Byron Bay zu erkundschaften, denn wir wollen die Freifahrt zurück nach Sydney mit dem Surfaris Bus nicht nutzen und weiter nördlich nach Brisbane und schließlich nach Airlie Beach ziehen und um etwas zu essen. Von der Artsfactory aus fahren kostenlose Buse im Stundentakt nach Byron Bay. Dort angekommen gehen wir nachdem wir kurz die Informationsstände abgeklappert haben nach ins „Rails“. Diese alte Kneipe macht hervorragende, große Burger und bietet zudem Livemusik. Hier können wir den Regenstress erstmal ein bischen vergessen. Da man aber ansonsten nicht mehr viel in Byron Bay anfangen kann bei diesem Wetter und herumlaufen Tabu ist, fahren wir zurück in die Artsfactory um gemeinsam mit den anderen im Zimmer Karten zu spielen und den Tag bei einem letzten Bier ausklingen zu lassen.

Am nächsten Tag ist uns der Regen treu geblieben. Wir wollen jedoch Byron Bay auf jeden Fall erkunden – schließlich hat diese „Surferstadt“ einen guten Ruf voraus. Wir schlendern durch eine riesige Promenade von Geschäften und kommen schließlich zum Hauptstrand. Hier sind die Wellen einfach unglaublich groß. Ein Teilnehmer unseres Surfkurses, welcher sein eigenes Board dabei hat und somit immernoch unabhängig von Surfaris surfen kann traut sich in die Wellen und berichtet, dass ihn die starke Strömung locker ein paar hundert Meter aufs Meer getrieben hat. Wenn das nicht schon genug wäre – dieser Kerl hatte sich während unseres Surfkurses das Ohr mit dem Surfbrett halb abgetrennt und musste mit sechs Stichen genäht werden. Unbekümmert davon, dass der Arzt ihm zehn Tage Surfpause verordnet hatte, kaufte er sich in Byron einfach Tape und klebte sich das Ohr so gut wie möglich zu. Aua! Surfen kennt eben keine Grenzen.

Die günstigste Verbindung nach Brisbane kostete in etwa 30 Dollar pro Person von Byron Bay aus. Es machte hierbei sogar keinen Unterschied ob man einen der „Backpackergreyhoundbuse“ bestieg oder man lieber mit einem Express-Airport-Transfer-Shuttle fuhr. Die Fahrt buchten wir sofort für den nächsten Tag. Uns hielt bei diesem Wetter nichts mehr in Byron Bay. Ledeglich das kostenlose Essen und die Partynacht wollten wir doch noch ganz gerne als Abschluss von Surfaris mitnehmen. Viele rieten uns ab nach Brisbane zu fahren – dort sei nichts los. Egal: zehn Dollar unterschied pro Nacht pro Kopf für die Unterkunft war für uns und unser Budget das beste Argument. Und schließlich wollten wir in Brisbane sowieso nur einen Flug zu den Whitsundays ergattern.

Abends ging es dann wie angekündigt in die der Artsfactory angrenzenden Buddhabar. In dieser riesigen Bar waren wir um 18 Uhr mit den Surfarisleuten verabredet, die Tische waren schon reserviert. Während wir schon die ersten Biere tranken verging die Zeit wie im Flug. Von Scottie, Blanco und Co. war nichts zu sehen und nun war es schon 19:30. Egal, das Essen wurde serviert und es gab immerhin für jeden ein Freibier. Diese letzte Nacht wollten alle nochmal richtig feiern. Nachdem wir schon gegessen hatten kamen irgendwann dann sogar doch noch die Mitglieder von Surfaris. Ein australischer Surfkursteilnehmer spendierte aufgrund seines Geburtstages noch 500 Dollar Freigetränke an der Bar. Die Nacht war somit perfekt. Später wurde noch der Surffilm über diesen Surftrip geschaut über den sich alle köstlich amüsierten. Die 50 Dollar pro DVD wollten dann jedoch die wenigsten für diesen Film ausgeben. Somit endete der Surftrip jedoch noch in einem fröhlichen Fest mit einem Happy End der einigen Stress im Regen vergessen lies. Am nächsten Tag verliefen sich die Spuren der einzelnen Kursteilnehmer. Manche fuhren mit dem Surfaris Bus zurück nach Sydney. Andere blieben noch eine Weile in Byron Bay. Wir saßen schon morgens früh im Bus nach Brisbane.

Marcel Münch 2006